2. Familienbewusste Unternehmenskultur
Eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur ist ein wesentliches Element der Personalbindung und erhöht die Identifikation mit dem Unternehmen. Teure Einzelmaßnahmen rücken dabei in den Hintergrund.
Es kommt vielmehr darauf an, dass jeder Mitarbeiter mit seinen persönlichen Fähigkeiten und fachlichen Kompetenzen wertgeschätzt und gefördert wird – unabhängig von Nationalität, Religion, Alter oder Geschlecht.
Familie und Karriere
Zu dieser Orientierung gehört auch, dass sich die Mitarbeiter nicht zwischen Familie und Karriere entscheiden müssen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördert ihre Bindung an das Unternehmen und ist auch nach außen ein wichtiges Signal: Ein familienbewusstes Unternehmen wird als attraktiver und verantwortungsvoller Arbeitgeber wahrgenommen.
Das wirkt sich darüber hinaus auch positiv auf die Motivation, Produktivität und Bindung der Beschäftigten aus. Häufig genügen schon wenige zum Unternehmen passende Ansätze, die den Bedürfnissen der Mitarbeiter gerecht werden. Viele Unternehmen, die sich hier engagieren, stellen schnell fest, dass sich die Ausgaben in kurzer Zeit rechnen und weiten ihr Angebot aus.
Praxisbeispiel: Familie und Karriere
Das Beispiel macht deutlich, dass sich eine familienbewusste Unternehmenskultur nicht in Kinderbetreuungsangeboten erschöpft.
Elemente einer familienbewussten Unternehmenskultur
Folgende Abbildung verdeutlicht, dass sie vielmehr durch unterschiedliche Elemente gekennzeichnet ist. Eine wichtiger Hebel ist die Gestaltung der Arbeitszeit.

Möglichkeiten einer familienorientierten Arbeitszeitgestaltung
Mit flexiblen Arbeitszeitregelungen lassen sich Unternehmens- und Mitarbeiterinteressen besonders gut in Einklang bringen. Ein flexibler Umgang mit der Lage der Arbeitszeit, also an welchen Tagen der Woche und zu welchen Tageszeiten gearbeitet wird, ist eine Möglichkeit, der flexible Umgang mit der Dauer der Arbeitszeit die andere.
Gerade in kleinen Unternehmen sind die Voraussetzungen hierfür besonders gut. Individuelle Absprachen zu Arbeitszeitregelungen lassen sich hier viel leichter treffen, als in stark strukturierten Großunternehmen. Die folgende Abbildung zeigt mögliche Ansätze auf.
Familienbezogene Arbeitszeitverlagerungen
Berücksichtigung familiärer Verpflichtungen bei der Festlegung und Vereinbarung von Terminen
Freistellungsmöglichkeiten aus familiären Gründen
Teilzeitmodelle
Job sharing
Gleitzeitkonten, die genügend Spielraum für die Bedürfnisse der Beschäftigten, aber auch für die Erfordernisse des Betriebes lassen
Langzeit- oder Jahresarbeitszeitkonten
Vertrauensarbeitszeit
Zeit-Wert-Konten
Individuelle Teilzeitmodelle
Für eine Verkürzung der Arbeitszeit kommen in erster Linie Teilzeitmodelle in Frage. Sie sind dann ein besonders wirkungsvolles Bindungsinstrument, wenn sie einerseits eine individuelle Ausgestaltung für die Mitarbeiter ermöglichen und andererseits den betrieblichen Sachzwängen entsprechen. Folgende Aspekte sind besonders wichtig:
Die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit variiert weitgehend, ggf. zwischen 10 und 100 Prozent der Normalarbeitszeit.
Die Lage der Arbeitszeit ist nicht zwingend mit einer Anwesenheitspflicht an bestimmten Wochentagen verbunden.
Auf bestimmten Schlüssel- oder Führungspositionen ist es manchmal nicht möglich, dem Begehren eines Mitarbeiters auf Teilzeit nachzukommen. In diesem Fall kann es eine gute Möglichkeit sein, den Arbeitsplatz flexibel unter mehreren Beschäftigten aufzuteilen (Job sharing).
Der Verwaltungsaufwand ist kaum höher, als bei Teilzeitkräften mit festen Arbeitszeiten. Zudem lassen sich häufig Produktivität, interner Wissensfluss und Motivation der Beschäftigten positiv beeinflussen.
Zeit-Wert-Konten, Schichtarbeit und Telearbeitsplätze
Entscheidet sich ein Unternehmen für die Flexibilisierung des gesamten Arbeitszeitsystems, ist das Konzept der Zeit-Wert-Konten ein besonders vielversprechender Ansatz.
Praxisbeispiel: Zeit-Wert-Konten
Das folgende Beispiel zeigt, dass es selbst bei Schichtarbeit, die als besonders unflexibel gilt, Möglichkeiten zur Vereinbarkeit familiärer Belange mit Teilzeit-Modellen gibt.
Zahlreiche Tätigkeiten müssen nicht unbedingt im Betrieb erledigt werden. Alternierende Telearbeitsplätze kommen allen Beschäftigten zugute, ganz besonders Mitarbeitern mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen. In vielen Fällen ist zudem ein störungsärmeres und damit konzentrierteres Arbeiten möglich.
Praxisbeispiel: Teleheimarbeit
Checkliste für die Ausgestaltung von Telearbeitsplätzen
Das Beispiel deutet es bereits an: ausreichende Kommunikation und regelmäßiger Kontakt sind entscheidende Punkte für die erfolgreiche Einrichtung von Telearbeitsplätzen. Die folgende Checkliste zeigt, worauf dabei zu achten ist.
Maßnahmen, die ausreichend Kontakt zum Unternehmen und Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen ermöglichen
Möglichkeiten flexibler Absprachen innerhalb fester Rahmenregelungen
Telearbeit sollte ein freiwilliges Angebot sein und eine Rückkehr auf den betrieblichen Arbeitsplatz ermöglichen
Festlegung von Mindestanforderungen an Quantität und Qualität der Arbeit
Bereitstellung und Kostenübernahme der erforderlichen technischen Voraussetzungen am Heimarbeitsplatz (Telefon, Internetanschluss, Möglichkeit im Firmenserver zu arbeiten) durch den Arbeitgeber
Definierte Zugangsregelungen für Betriebsrat und Arbeitgeber
Gleichberechtigte Teilnahme an Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen
Betrieblich unterstützte Kinderbetreuung
Ein weiterer Baustein im Konzept der familienbewussten Personalpolitik ist die betrieblich unterstützte Kinderbetreuung. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Es muss keineswegs immer die Einrichtung eines Betriebskindergartens sein, viele Maßnahmen lassen sich unkompliziert und mit wenig Aufwand verwirklichen, wie auch das folgende Beispiel zeigt.
Praxisbeispiel: Kinderbetreuung
Maßnahmen einer betrieblich unterstützten Kinderbetreuung
Informationen über kostengünstige Angebote zur Kinder- und Angehörigenbetreuung bereitstellen
Kinder dürfen im Bedarfsfall mit in den Betrieb
Eltern-Kind-Arbeitszimmer
Zuschuss zur Finanzierung der Kinderbetreuung, z. B. steuerlich begünstigte Kindergeld-Zuschüsse oder günstige Darlehen für Familien
Familienmittagstische
Mittagessen für (Schul-)Kinder in der Betriebsküche
Hausaufgabenbetreuung
Kooperation mit ortsansässigen Kindergärten/ Kindertagesstätten: Betreuungsplätze anmieten oder reservieren
Tagespflege in den Räumen des Unternehmens
Organisation eines Pools an Tagesmüttern
Kindertagesstätte im Verbund mit anderen Unternehmen
Generationen-Netzwerk für die Kinderbetreuung
Betreuung schulpflichtiger Kinder während der Ferien
Umfassende und flexible Betreuung durch die Einrichtung eines Familienservice mit einem externen Dienstleister
Betriebseigener Kindergarten oder Kindertagesstätte
Familienbewusste Führung
Alle Angebote nutzen der Mitarbeiterbindung nur dann in vollem Umfang, wenn sie als nicht karrierehinderlich eingestuft werden. Um zu zeigen, dass die Gründung einer Familie keinen Karriereknick bedeutet, sollten Teilzeit- und Telearbeitsmodelle auch auf höheren hierarchischen Ebenen genutzt werden.
Führungskräfte sind dabei wichtige Vorbilder - sie sollten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorleben und unterstützen. Deshalb ist es wichtig, sowohl die Belegschaft als auch die Führung für dieses Thema zu sensibilisieren.